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Bericht aus der Die Mitte | EVP-Fraktion und dem Grossen Rat vom 10. September 2025 von Kantonsrat Norbert Senn, Romanshorn

25. September 2025

Der Grosse Rat hat sich an seiner ganztägigen Sitzung zum letzten Mal in diesem Jahr im Rathaus Frauenfeld eingefunden. Mit der traditionellen WEGA-Sitzung findet der Ratsbetrieb ab dem 29. September 2025 wieder für ein halbes Jahr in Weinfelden statt. Die Fraktionssitzungen werden dort während des Winterhalbjahrs vorgängig der Grossratssitzungen im Restaurant Eisenbahn abgehalten.

Wie vor jeder Ratssitzung wurden die Geschäfte der kommenden Sitzungen intensiv ab sieben Uhr in der Fraktion vorbesprochen. Die bereits im Vorfeld bestimmten Sprecherinnen und Sprecher führten dabei durch die einzelnen Themen. Der interne, offene Meinungsaustausch ist jeweils für die anstehenden Beratungen und die Positionierung der Partei im Grossen Rat von grosser Bedeutung.

  1. Fragestunde

Im Rahmen der Fragestunde wurde Regierungsrat Urs Martin gefragt, ob mit Verzögerungen bei der Einführung der digitalen individuellen Prämienverbilligung zu rechnen sei. Weiter wollte ein Ratsmitglied wissen, ob es einen Fahrplan des Regierungsrats für die Einführung des internen Kontrollsystems (IKS) gebe.

  1. Änderung des Krankenversicherungsgesetzes (TG KVG)

Diese Vorlage setzt das revidierte Bundesgesetz über die Krankenversicherung um. Hauptziel ist dabei, die Zuständigkeit für die Zulassung (Zulassungssteuerung) und die Kompetenz zur Festlegung von Höchstzahlen im ambulanten Bereich zu regeln. Gesamthaft zeigt sich in unserem Kanton, dass bei den praktizierenden Ärztinnen und Ärzten ein Fachkräftemangel besteht und man sich glücklich schätzen kann, wenn alle Stellen besetzt werden können. Eine Zulassungsbeschränkung besteht im Thurgau nur für den Bereich der plastischen Chirurgie im ambulanten Bereich, wenn über die obligatorische Krankenversicherung abgerechnet wird.

Die vom Regierungsrat vorgelegte Änderung fand sowohl in der Kommission wie auch im Rat einheitliche Zustimmung und passierte auch die von Norbert Senn (Die Mitte Romanshorn) präsidierte Gesetzgebungs- und Redaktionskommission ohne Änderungen.

In der Schlussabstimmung wurde sie mit 122 Ja- zu 0 Nein-Stimmen angenommen.

3. Kantonsreferendum gegen das Bundesgesetz über die Individualbesteuerung

Das Instrument des Kantonsreferendums kommt nur äusserst selten zum Einsatz. Doch bei diesem Geschäft hat sich eine Mehrheit der vorberatenden Kommission mit 11:4-Stimmen sowie danach auch die Mitglieder des Grossen Rats mit 79:34-Stimmen (bei vier Enthaltungen) für dieses Instrument ausgesprochen.

Im Thurgau würde die Einführung der Individualbesteuerung zu 65’000 zusätzlichen Steuererklärungen führen. Die bereits jetzt schon arg strapazierte IT-Infrastruktur müsste mit hohen Kosten und grossem administrativen Aufwand an das neue System angepasst werden, ohne unmittelbaren Nutzen für die Steuerpflichtigen.

Als Fraktionssprecherin betonte Sandra Stadler (Die Mitte, Zuben), dass unser Kanton die Heiratsstrafe mit dem Splittingverfahren abgeschafft habe und sich dies seit Jahren bewähre. Auch andere Kantone wenden das Verfahren an oder haben andere Massnahmen ergriffen, womit zur Einführung der Individualbesteuerung kein unmittelbarer Handlungsbedarf besteht.

Formal sieht die Bundesverfassung ein fakultatives Referendum für den Fall vor, dass 50’000 Stimmberechtigte oder acht Kantone innerhalb von 100 Tagen seit der amtlichen Veröffentlichung eines Erlasses eine Volksabstimmung verlangen. Es scheint offensichtlich zu sein, dass sich diese Mindestzahl der Kantone finden und somit das Kantonsreferendum zustande kommen wird.

  1. Totalrevision des Einführungsgesetzes zu den Bundesgesetzen über die Alters- und Hinterlassenenversicherung und über die Invalidenversicherung

Sandra Stadler, (Die Mitte, Zuben) als Präsidentin dieser Spezialkommission, konnte nachvollziehbar darlegen, dass der Kanton mit dieser Totalrevision die bundesrechtlichen Vorgaben zur «Modernisierung in der 1. Säule» umsetzt. Die im Januar 2024 auf Bundesebene in Kraft getretenen Vorgaben verpflichten die Kantone ihre Organisationen an die neuen Anforderungen anzupassen und bis spätestens 2028 umzusetzen.

Isabelle Wepfer (Die Mitte, Neuwilen) betonte als Fraktionssprecherin, dass trotz des straffen Zeitplans eine fundierte Vorlage für den Rat erarbeitet werden konnte und die wesentlichen Fragen geklärt worden sind.

Das Eintreten war unbestritten. Die Diskussion im Rahmen der Detailberatung wurde nicht benutzt.

  1. Parl. Initiative «Anpassung der Finanzkompetenzen»

Seit 25 Jahren und somit seit der Jahrtausendwende verharren die Finanzkompetenzen des Grossen Rats und des Regierungsrats in gewissen Bereichen auf dem gleichen Stand. Sie sind veraltet und entsprechen nicht mehr der Realität.

Die Diskussionen in der Kommission und auch der Vergleich mit anderen Kantonen haben gezeigt, dass mit der vorgeschlagenen modifizierten Lösung ein zeitgemässer finanzieller Handlungsspielraum gewährt wird. Zudem wurde mit einem neuen Absatz die Transparenz und die Rechtssicherheit erhöht.

Wenig überraschend passierte deshalb die Parlamentarische Initiative die erste Lesung unverändert.

  1. Motion «Anpassung Thurgauer Enteignungsgesetz TG EntG»

Diese von Benno Schildknecht (Die Mitte, Hagenwil), Andreas Guhl (Die Mitte, Oppikon) Josef Gemperle (Die Mitte, Fischingen) und Daniel Vetterli

(SVP, Rheinklingen) eingereichte Motion wurde intensiv diskutiert. Die Motionäre verlangen vom Regierungsrat, dass die Entschädigung für Kulturland dem eidgenössischen Enteignungsgesetz anzupassen sei. Wie zu erwarten, prallten bei dieser Thematik verschiedene Sichtweisen und Haltungen aufeinander.

Der Grosse Rat entschied sich mit 54 Ja- zu 59 Nein-Stimmen (bei zehn Enthaltungen) für die Ablehnung der Motion, womit das Geschäft erledigt ist.

  1. Interpellation «Kriminelle Clan-Strukturen im Kanton Thurgau»

Nach der Mittagspause fand die Sitzung mit dieser Interpellation ihre Fortsetzung. Franz Eugster (Die Mitte, Bischofszell) war für die Mitte-Partei von der Antwort der Regierung enttäuscht. Nach seiner Einschätzung ist diese Thematik aktuell und dringend. Der Rat war sich mehrheitlich einig, dass hier gemeinsam nach praktikablen, effizienten Lösungen gesucht werden muss. Da es sich aber um eine Interpellation handelt, ist es dem Regierungsrat überlassen, ob und wie er in dieser Thematik aktiv werden wird.

  1. Interpellation «Wirkung des kantonalen Finanzausgleichs»

Verständlicherweise setzen sich für die Mitte-Partei bei diesem Vorstoss Simon Wolfer (Die Mitte, Weinfelden) und Roger Martin (Die Mitte, Romanshorn) als Stadtpräsidenten von «zahlenden» Städten besonders für dieses Anliegen ein. Die sechs kantonalen sowie die sechs regionalen Zentren bieten Angebote und Infrastrukturen für die umliegenden Gemeinden, ohne dass sich diese finanziell an den Kosten beteiligen.

Ziel müsste es sein, dass ein fairer Ausgleich zwischen den Gemeinden die unterschiedlichen Voraussetzungen und Nutzungen berücksichtigt. Eine Überarbeitung des Finanzausgleichs ist aus dieser Perspektive mehrheitlich zu begrüssen.

Vertreter von kleineren Gemeinden relativierten aber die Betrachtungsweise der grösseren Gemeinden und setzten Fragezeichen über die aus ihrer Sicht einseitige Perspektive. Es zeigte sich, dass für eine einvernehmliche, tragfähige Lösung noch viele Abklärungen und Gespräche nötig sein werden.

Ende der Sitzung

Die letzten drei Traktanden (drei Interpellation) konnten aus zeitlichen Gründen nicht mehr beraten werden und sind auf eine nächste Sitzung vertagt.

Nächste Sitzung

Die nächste Sitzung des Grossen Rats findet am Montag, 29. September 2025 als Halbtages- und sogenannte «WEGA-Sitzung» in Weinfelden statt. Sie ist wie immer öffentlich.

Besuch einer Sitzung des Grossen Rats

Falls Sie live eine Sitzung des Grossen Rats besuchen wollen, kommen Sie doch einmal ins Rathaus Weinfelden (oder nächstes Jahr in Frauenfeld) und schauen Sie uns Politikerinnen und Politikern während unserer Parlamentsarbeit von der Zuschauertribüne «über die Schulter». Sitzungsbeginn ist jeweils um 09:30 Uhr.

Mit dem folgenden Link können Sie die Sitzungstermine abrufen: https://parlament.tg.ch/protokolle/sitzungstermine.html/5755

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